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Köln: Freispruch für angeblichen Karnevals-Vergewaltiger


Entlastende Videos
Freispruch für angeblichen Karnevals-Vergewaltiger

t-online, Johanna Tüntsch

08.02.2022Lesedauer: 3 Min.
Vor der Urteilsverkündung hielt der Angeklagte sich noch eine Mappe vors Gesicht. Nach seinem Freispruch fiel er auf dem Gang Freunden und seiner Familie in die Arme.Vergrößern des BildesVor der Urteilsverkündung hielt der Angeklagte sich noch eine Mappe vors Gesicht. Nach seinem Freispruch fiel er auf dem Gang Freunden und seiner Familie in die Arme. (Quelle: Johanna Tüntsch)
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Er sollte in einem Kölner Hotel eine Frau vergewaltigt haben, die sein Freund zuvor bei einer Karnevalsfeier kennengelernt hatte. Nun wurde der Mann freigesprochen. Videos entlasteten ihn.

Mit Jubelrufen aus dem Publikum endete der Prozess gegen einen 35-jährigen Gärtner, der im Karneval 2020 eine Frau vergewaltigt haben sollte: Die 13. Große Strafkammer am Kölner Landgericht sprach den Mann von diesem Vorwurf frei. Weil er aber ohne Erlaubnis Bilder von der Frau gemacht hatte, wurde er zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Für die mehrmonatige Untersuchungshaft, die der Prozess ihm bescherte, soll er entschädigt werden.

Zitternd und weinend vor Erleichterung brach der Mann zusammen, nachdem sein Freispruch verkündet war, und musste von seinem Verteidiger wieder aufgerichtet werden, um – wie es die Strafprozessordnung vorsieht – im Stehen das vollständige Urteil anzuhören.

Detailliert ging der Vorsitzende Richter, Benjamin Roellenbleck, auf Videos ein, die ein Freund des Angeklagten von der fraglichen Situation angefertigt hatte: "Dass es dabei so aussieht, als ob die Handlung einvernehmlich sei, lässt sich nicht wegdiskutieren." Einladender könnten Bewegungen nicht sein. Die Kammer gehe daher nicht davon aus, dass der Angeklagte bewusst gegen den Willen der Frau handelte.

Punktuell einsetzende Erinnerung gibt keine Rechtssicherheit

"Man muss sehen, dass nicht nur sie, sondern auch er stark alkoholisiert war", so der Vorsitzende. Er machte deutlich, dass er und seine Kollegen auch die Aussage der Nebenklägerin für glaubhaft hielten. Diese hatte angegeben, davon aufgewacht zu sein, dass der Angeklagte mit ihr intim war. "Wir haben keinen Zweifel daran, dass sie es tatsächlich so erlebt hat. Entscheidend ist aber die Frage, ob es eine Phase gab, in der sie wach war und dem Angeklagten Zustimmung signalisiert hat, ohne sich hinterher daran erinnern zu können", so Roellenbleck.

Sie habe sich auch nicht daran erinnern können, dass sie vorher mit dem Freund des Angeklagten, den sie kurz vorher beim Feiern kennengelernt hatte, auf das gemeinsame Hotelzimmer der Männer gegangen sei. Videos aus der Hotelhalle würden aber beweisen, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch relativ unbeeinträchtigt gewesen sei. Daraus ergebe sich eine schwierige Ausgangssituation.

"Sie sagte uns auch, es sei für sie wesensfremd, mit einem fremden Mann in dessen Hotelzimmer zu gehen – aber sie hat es ja gemacht, das haben wir 1:1 auf dem Video", so Roellenbleck. Es sei nicht rechtssicher, ein Urteil auf eine Erinnerung zu stützen, die zu einem Punkt des Geschehens einsetze, wenn sowohl Videos als auch der Zeitablauf und die Einlassung des Angeklagten darauf hindeuteten, dass es im Vorfeld einvernehmliche Handlungen gegeben habe.

Vorwürfe gegen Freunde schon vorher fallen gelassen

Ursprünglich hatten auch zwei Freunde des Angeklagten – bekannt aus Trash-TV-Sendungen – in der Sache vor Gericht gestanden. Die Staatsanwaltschaft hatte dem einen vorgeworfen, in einer Whatsapp-Chatgruppe Freunde dazu animiert zu haben, die betrunkene Frau zu missbrauchen. Der andere sollte wissentlich Zeuge einer Vergewaltigung geworden sein, ohne dem Opfer zu helfen.

Beide Vorwürfe erwiesen sich als nicht haltbar. Lediglich unerlaubte Bildaufnahmen waren beiden zur Last zu legen, allerdings war die Frau auf diesen nicht identifizierbar. Die Kammer hatte daher das Verfahren gegen die beiden Männer schon vor zwei Monaten gegen Geldauflagen eingestellt.

Die Staatsanwältin hatte eine Verurteilung des Angeklagten gefordert und sich früher im Verfahren über die Frauenfeindlichkeit innerhalb der Whatsapp-Chatgruppe empört. Dem hielt Roellenbleck nun entgegen: "Wir sind keine moralische Instanz und nicht dazu berufen, uns über andere Menschen zu erheben. Jeder hat seine Leichen im Keller, das fängt bei uns sicher an." Strafrechtlich sei im vorliegenden Fall nur das Anfertigen der Bilder relevant.

Verwendete Quellen
  • Reporterin vor Ort bei der Gerichtsverhandlung
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